Die Primorski story



Eine Zusammenfassung der bisherigen Veröffentlichungen

Thomas Kober, Auerschmiede 7, 83737 Irschenberg, Email: ImkereiKober@aol.com
Josef Koller, Am Losenberg 1, 92699 Irchenrieth, Email: koller.josef@t-online.de

Die Primorskibiene, ein Bienenstamm, dessen Varroaresistenz in den USA bereits auf breiter Basis wissenschaftlich nachgewiesen ist, sorgt seit Ende 2000 auch in Europa für Aufsehen, wo sie durch einige Veröffentlichungen bekannt wurde. Doch begonnen hat die Primorski-Story schon fünf Jahre vorher, als im November 1995 der erste Bericht über diesen Stamm im American Bee Journal veröffentlicht wurde. Hier sollen die seit dem erschienen Berichte kurz zusammengefaßt werden.

November 1995

R. G. Danka, T. E. Rinderer, V. N. Kuznetsov and G. T. Delatte: A USDA-ARS project to evaluate resistance to Varroa jacobsoni* by honey bees of far-eastern Russia. ABJ 135:11, 746 - 748

Zur damaligen Zeit gab es noch keine Apistan-resistenten Varroa-Milben, zumindest nicht in den USA, wohl aber gab es schon Berichte darüber aus Norditalien. Die Problematik der Resistenz gegen Acarizide wurde also damals nur von wenigen erkannt. Auch fand in den USA die Rückstandsproblematik nur mäßige Beachtung. Man hatte ein in den meisten Gegenden gut wirksames Mittel (Apistan) gegen die Varroa. Bemühungen, eine Varroa-tolerante Biene zu züchten oder zu importieren, wurde nur von wenigen Imkern als notwendig erachtet. Die Arbeitsgruppe um Thomas E. Rinderer war also bei der Durchführung dieses Projekts sehr weitsichtig, ihrer Zeit voraus.

In der Primorski-Region an der ost-sibirischen Pazifikküste (Hauptstadt: Wladiwostok) kommt die westliche Honigbiene Apis mellifera nicht natürlich vor, wohl aber die östliche Honigbiene A. cerana, der natürliche Wirt der Varroa-Milbe. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kamen Siedler aus dem europäischen Teil des Russischen Reichs, vor allem aus der Ukraine. Diese brachten Bienenvölker mit, die vermutlich bereits nach kurzer Zeit mit Varroa-Milben aus benachbarten Cerana-Völkern in Kontakt kamen. Nachgewiesen wurde die Varroa in dieser Region allerdings erst 1952. Es kann also davon ausgegangen werden, daß hier eine natürliche Langzeit-Selektion auf Varroaresistenz stattgefunden hat, da während des größten Teils dieser Zeit keine Behandlungen gegen Varroa stattgefunden haben.

Die Honigerträge in dieser Region - vor allem aus den Lindenwäldern - sind ausgesprochen hoch. Geimkert wird hauptsächlich mit der Dadant-Beute. Aufgrund der Annahme, daß es sich um sehr leistungsfähige Bienen handle, wurden um 1960 Königinnen aus dieser Region in den europäischen Teil der UdSSR "zurück"-importiert. Damit kamen auch die vermutlich ersten Varroen nach Osteuropa und haben sich von dort aus in ganz Europa verbreitet.

Aufgrund der vielversprechenden Verhältnisse wurde von der Arbeitsgruppe um Tom Rinderer 1994 beschlossen, diese Bienenherkunft auf mögliche Varroaresistenz zu testen und - bei positivem Ergebnis - diesen Stamm in die USA zu importieren und an die Imkerschaft zu verteilen. Tom Rinderer und Gary Delatte fuhren nach Primorski und konnten dort den Leiter der Entomologie-Abteilung des Biologie-Instituts Viktor Kuznetsov als Mitarbeiter gewinnen. Erste Untersuchungen ergaben einen generell niedrigen Varroa-Befall in diesen Völkern.

Abb. 1. Relation des Varroabefalls von erwachsenen Bienen und Arbeiterbrut jeweils bei Russischen Völkern und US-Landbienen-Völkern. Die Zahlen wurden für eine statistische Regressionsanalyse umgewandelt.


* die in Apis mellifera-Völkern vermehrungsfähigen Stämme der Species Varroa jacobsoni wurden ab 2000/2001 in V. destructor umbenannt.

November 1997

T. E. Rinderer, V. N. Kuznetsov, R. G. Danka, and G. T. Delatte: An importation of potentially Varroa-resistant honey bees from far-eastern Russia. ABJ 137:11, 787 - 789.

Auch in diesem Artikel werden noch die Vortests beschrieben. Da es zunächst nicht möglich war, sowohl russische Bienen als auch US-Landbienen an einem Ort zu prüfen, wurden diese Versuche bis September 1996 weitergeführt. Die Befallsrate von russischen Völkern (in Primorski) war dabei wesentlich geringer als die von Landbienen-Völkern (in den USA). Besonders bemerkenswert war die Tatsache, daß 15 Monate nach Versuchsbeginn die russischen Völker immer noch nur durchschnittlich 7% befallene Arbeiterbrut hatten, wogegen bei den US-Landbienen-Völkern bereits 12 Monate nach Versuchsbeginn bereits durchschnittlich 33 % der Arbeiterbrut befallen war. Zu diesem Zeitpunkt begannen viele der Landbienen-Völker, zusammenzubrechen. Die Drohnenbrut der russischen Völker erreichte im Juni '96 ein Maximum von 39% Befall. Später fiel dieser Wert wieder ab, um dann mit dem Verschwinden der Drohnenbrut im Spätsommer ebenfalls zu verschwinden. Bei den US-Landbienen stieg der Befall der Drohnenbrut auf 76% im August '96; die Völker wurden dann behandelt, um gerettet zu werden.

Da die beiden Gruppen in völlig verschiedenen Regionen getestet wurden, ist ein direkter Vergleich nicht zulässig. Die verhältnismäßig gute Varroaresistenz der Bienen in Primorski könnte genauso gut durch Umweltbedingungen oder durch einen weniger virulenten Milbenstamm zustande gekommen sein. Aber es handelte sich ja hier nur um Vortests, deren Ergebnis dann zur Entscheidung geführt hat, diesen Bienen-Stamm in die USA zu importieren.

Im Juni 1997 wurden aus dem Primorski-Territorium 100 Königinnen in die USA importiert. Diese Königinnen stammten von 16 Imkern aus verschiedenen Regionen. Unter strengen Vorsichtsmaßnahmen wurden diese Königinnen in einer Quarantänestation auf der Insel Grand Terre vor der Küste Louisianas in vorbereitete Ableger eingeweiselt. Intensive Untersuchungen mußten durchgeführt werden, um das Einschleppen neuer Krankheiten oder Parasiten auszuschließen. T. E. Rinderer, G. T. Delatte, L. I. deGuzman, J. Williams, J. A. Stelzer and V. N. Kuznetsov: Evaluations of the Varroa-resistance of honey bees imported from far-eastern Russia. ABJ 139:4, 287 - 290.

Da in den Völkern, die mit den im Juni 1997 aus dem Primorski-Gebiet importierten Königinnen beweiselt waren, keine ungewöhnlichen Krankheiten gefunden wurden, wurde nach 7monatiger Quarantäne auf der Insel Grand Terre die Forschung mit diesem Stamm auf dem Festland erlaubt.

Zunächst wurden alle zu untersuchenden Völker mit Apistan behandelt, so daß die Milbenzahl unter die Nachweisgrenze sank. Danach wurden sie mit einer bekannten Zahl Milben wieder beimpft. Dazu wurden kleine Drahtkäfige mit stark infizierten Bienen in die Völker eingehängt. Der Befallsgrad dieser Bienen war bekannt. Die in den Käfigen verbliebenen oder beim Einbringen absterbenden Milben wurden später ausgezählt. In jedes Volk wurden durchschnittlich 187,8 Milben erfolgreich eingebracht.

Zur Auswertung - 9 Wochen später - wurden die Milben in 200 Arbeiterbrutzellen, 100 Drohnenbrutzellen und auf ca. 400 erwachsenen Bienen bei jedem Volk ausgezählt. Die Zahl der insgesamt im Volk vorhandenen Arbeiter- und Drohnenbrutzellen sowie der erwachsenen Bienen wurde sehr genau abgeschätzt. Somit ließ sich die gesamte Milbenzahl in jedem Volk sehr genau erfassen. Nach der Gleichung: (Milbenzahl bei Versuchsende - Milbenzahl bei Versuchsanfang) / Milbenzahl bei Versuchsanfang = "Milbenindex"., wird die n-fache Vermehrung der Anfangspopulation über den Versuchszeitraum errechnet. Für nicht-resistente Völker wird für eine 9-wöchige Versuchsdauer eine 11,4-fache Vermehrung angenommen.

Die Völker der importierten Königinnen waren keinesfalls durchweg Varroa-resistent. 20 der 68 verbliebenen russischen Völker hatten Milbenindices, die über den 11,4 lagen. Dennoch ließen 48 Völker eine geringere Vermehrung der Milben als um das 11,4-fache zu. 13 Völker hatten sogar Milbenindices unter 2. Aus den 68 getesteten Königinnen wurden 40 ausgewählt, um als Grundlage für die Etablierung eines Zuchtstammes zu dienen. Bei diesen selektierten Königinnen war ein Milbenindex von durchschnittlich 3,9 zu verzeichnen; doch wurden auch andere Eigenschaften wie v.a. Honigertrag und Anfälligkeit für andere Krankheiten berücksichtigt.

Abb. 2. Die Verteilung der Völker mit importierten russischen Königinnen in Bezug auf ihren "Milbenindex", der Wert, um den sich eine bekannte Milben-Anfangspopulation innerhalb von 9 Wochen vervielfacht hat. 11,4 ist der theoretische Wert, der bei einem nicht-resistenten Volk in dieser Zeit zu erwarten ist.


Schon 1998 wurden erste Nachzuchten einiger Königinnen erstellt. Auch die Völker dieser Königinnen wurden auf die Wachstumsrate der Milbenpopulation hin untersucht. Auch wurde hier der Honigertrag genau und im Vergleich zu parallel aufgestellten Landbienen-Völkern erfaßt. Der Honigertrag unterschied sich dabei nur minimal zwischen diesen beiden Gruppen.

September 1999

Zwei Meldungen unter der Rubrik "News Notes" verkünden die Freigabe der ARS-Russischen Bienen. Zuchtköniginnen können ab sofort bei Bernard's Apiaries in Breaux Bridge, Louisiana bestellt werden. Diese Königinnen sind Töchter der 1999 getesteten Königinnen, die ihrerseits wieder Töchter der selektierten Originalköniginnen aus Primorski sind. Sie werden auf einer Inselbelegstelle mit Drohnen aus dem allgemeinen Bestand selektierter Primorski-Völker begattet. Selbstverständlich sind diese Königinnen, die im zeitigen Frühjahr 2000 ausgeliefert werden, nicht für den Einsatz in Wirtschaftsvölker gedacht, sondern als Zuchtköniginnen für die Massennachzucht ab dem Jahr 2000. Erst in der Oktober-Ausgabe des ABJ wird in einer Anzeige von Bernard's Apiaries der erschreckende Preis dieser Zuchtköniginnen genannt: 500$.

Jetzt werden in einer Anzeige von Bernard's Apiaries die Züchter veröffentlicht, die bis dahin original ARS-Russische Zuchtköniginnen erworben haben. 51 Königinnenzüchter, verteilt über die ganzen USA, haben sich bis zum Februar 2000 diesem Projekt angeschlossen.

Anzeigen von Züchtern, in denen "Russische Königinnen", also Nachzuchten dieser Original-Königinnen angeboten werden, tauchen vermehrt auf.

T. E. Rinderer, L. I. deGuzman, J. Harris, V. N. Kuznetsov, G. T. Delatte, J. A. Stelzer and L. Beaman: The release of ARS Russian honey bees. ABJ 140:4, 305 - 307

Nach den vielversprechenden Ergebnissen der Vortests, die parallel in Primorski und in den USA durchgeführt worden waren, wurden im Juni 1997 100 Königinnen aus Primorski in die USA importiert. Nach 7monatiger Quarantäne auf der Insel Grand Terre wurden die verbliebenen 68 Königinnen intensiv auf das Wachstum der Milbenpopulation in ihren Völkern hin untersucht. Dabei wurden 40 Königinnen mit einer sehr geringen Wachstumsrate der Milbenpopulation selektiert und dienten als Grundlage für die Etablierung eines Stammes. Nachzuchten dieser selektierten Original-Königinnen werden nun intensiv untersucht. Ein Versuch lief von Juli 1998 bis Dezember 1999. Ein weiterer Großversuch wurde in der Saison 1999 in den Staaten Iowa, Louisiana und Mississippi auf den Ständen von Berufsimkern durchgeführt. Aufgrund der äußerst vielversprechenden Ergebnisse dieser Testreihen wurde beschlossen, den Stamm ab Herbst 1999 für die Abgabe an Imker freizugeben.

Die Verteilung der rein begatteten Original-Königinnen wird dabei von einem privaten Lizenz-Zuchtbetrieb übernommen: Bernard's Apiaries in Breaux Bridge, Louisiana. Die Züchter wiederum geben standbegattete Nachzuchten (Anm.: die Preise bewegen sich hier zwischen 10 und 15 $ pro Stück) an die allgemeine Imkerschaft ab. Rein begattete Nachzuchten sind von diesen Züchtern erst ein Jahr später erhältlich, sofern diese Belegstellen betreiben bzw. instrumentell besamen. Die Erhaltung und Weiterentwicklung des Stammes, sowie weitere Forschungsarbeit und evtl. weitere Importe bleiben in der Händen des USDA-ARS (Landwirtschaftlicher Forschungsdienst des US Landwirtschaftsministeriums). Dem ARS ist es gestattet, in einem angemessenen Rahmen Profit zu erwirtschaften. Er ist aber verpflichtet, die Öffentlichkeit über den Stand der Forschungen laufend zu informieren.

Die 40 selektierten Königinnen aus dem Import von 1997 wurden in drei Gruppen mit jeweils bis zu 11 Linien aufgeteilt (es handelte sich z.T. auch um Geschwisterköniginnen). Königinnen, die aus einer Linie von z.B. Gruppe A stammen, werden von Drohnen begattet, die aus den Gruppen B und C stammen. Die Begattungen finden auf einer Inselbelegstelle statt. Natürliche Begattung im Flug durch Drohnen aus verschiedenen nicht verwandten Gruppen wurde gewählt, um die genetische Diversität besser zu erhalten.

1999 wurden die sechs Linien der Gruppe A, repräsentiert durch je 21 Geschwister-Königinnen, in drei Staaten geprüft. Als Konsequenz der Ergebnisse wurde dabei eine Linie aufgelassen. Zwei wurden zwar zur weiteren Selektion im Programm belassen, aber nicht zur Abgabe freigegeben. Von den verbliebenen drei Linien (Blue 99, White 99 und Purple 99) wurden die jeweiligen Spitzenköniginnen zur Nachzucht für die Abgabe im Jahr 2000 ausgewählt. Analog dazu werden 2000 voraussichtlich 9 Linien aus Gruppe B geprüft, deren beste Königinnen als Zuchtmütter für die 2001 abgegebenen Königinnen dienen werden. Die Linien werden dabei mit Farben bezeichnet, die als Zeichenfarben der Königinnen dienen (keine Jahresfarben). Dabei kommen die selben Farben in der Regel jedes Jahr zustande. Blue 99 (wird 2000 abgegeben) stammt aus Gruppe A und ist nicht mit Blue 00 aus (wird evtl. 2001 abgegeben) aus Gruppe B verwandt.

Inzwischen wurde auch das Importprogramm erweitert. Für weitere vier Jahre, beginnend 1999, werden je ca. 100 Königinnen aus der Primorski-Region in die USA importiert und auf der Quarantäne-Station untergebracht. Analog dem vergangenen Import werden diese Königinnen 2000 intensiv auf die Wachstumsrate ihrer Milbenpopulation hin untersucht. Selektierte Königinnen werden den drei Gruppen A, B und C zugeteilt. Sie werden voraussichtlich ab 2001 in größerem Maßstab geprüft und frühestens ab 2002 für die Abgabe freigegeben.

Durch die sehr große Zahl der gehaltenen Königinnen unterschiedlicher Herkunft und dem kontinuierlichen Nachschub aus Rußland wird eine hohe genetische Diversität innerhalb des Stammes erhalten. Inzuchtschäden sind nicht zu erwarten. Die Diversität bietet außerdem die Möglichkeit, den Stamm durch Selektion laufend zu verbessern. Dabei spielt nicht nur die Resistenz gegen die Varroa eine Rolle, sondern auch der Honigertrag, Tracheenmilben-Resistenz, Kalkbrut-Resistenz und andere Eigenschaften eine Rolle.

Mai/Juni 2000

Der Bioimker Josef Koller aus der Oberpfalz stößt beim Surfen im Internet auf Berichte über die russischen Bienen auf den Seiten des US-Landwirtschaftsministeriums. Daß diese sensationellen Berichte noch keinen Eingang in die deutsche Imkerliteratur gefunden haben, wundert ihn. Er erkundigt sich bei den verschiedenen Bieneninstituten danach. Dort wird ihm entweder beschieden, daß man davon nichts wisse (siehe Bemerkungen im Abschnitt "American Bee Journal") oder, daß er auf jeden Fall die Finger davon lassen solle. Enttäuscht und mißtrauisch geworden beschließt er zusammen mit seinem Freund Adolf Kieweg, Königinnen dieser Herkunft zu importieren. Im Juni erwirbt Koller drei Königinnen von Bernard's Apiaries. Da er offensichtlich als erster europäischer Imker diesen Schritt wagt, wird ihm von Bernard nahegelegt, als Vertragspartner den Import nach Europa zu organisieren.


Mitte Mai beginnt die Arbeitsgruppe um Koeniger in Oberursel einen Versuch, der im Prinzip die Versuche der Arbeitsgruppe Rinderer von 1999 in kleinerem Maßstab wiederholt. Als Vergleichsgruppe dienen hier Carnica-Völker. Die nötigen russischen Königinnen wurden ihm direkt von Rinderer zur Verfügung gestellt. In der Juni-Ausgabe der ADIZ erscheint ein Interview mit Koeniger über dieses Thema. Dort wird ebenfalls dringend davon abgeraten, solche Königinnen zu erwerben.

Oktober 2000

Koeniger veröffentlicht die Ergebnisse der im Mai begonnenen Versuche im Deutschen Bienenjournal und in der ADIZ. Sie deuten auf den gleichen Trend hin wie Rinderers Versuche von 1999, die im Detail aber erst im September 2001 veröffentlicht wurden.

Gleichzeitig veröffentlicht Koller im DBJ die ersten Beobachtungen an seinen russischen Völkern, sowie einige detaillierte Daten aus den Publikationen von Rinderer.

September/Oktober/November 2001

T. E. Rinderer, L. I. De Guzman, G. T. Delatte, J. A. Stelzer, J. L. Williams, L. D. Beaman ,V. Kuznetsov, M. Bigalk , S. J. Bernard and H. Tubbs: Multi-state field trials of ARS Russian honey bees 1999, 2000. ABJ 141: 9, 685 - 661 / 10,726 - 729 / 11, 810 - 812

Dieser überdimensionale, sehr detaillierte Artikel wurde in drei Teilen abgedruckt:

1. Responses to Varroa destructor (September)
2. Honey production (Oktober)
3. Responses to Acarapis woodii (November)

Eine deutsche Übersetzung dieser Artikel in voller Länge wird voraussichtlich in "der Buckfastimker" erscheinen. Ebenfalls sind sie auf dieser Homepage zu finden.

Im folgenden eine sehr geraffte Zusammenfassung.

Erstellung der Testvölker

Die 1997 importierten und 1998 nach Prüfung auf Varroaresistenz selektierten Königinnen wurden in drei Gruppen aufgeteilt. 1999 wurden Nachzuchten der sechs Königinnen der Gruppe A (im folgenden als Linien bezeichnet) neben Landbienen-Völkern als Vergleichsgruppe in einem Feldversuch geprüft. 2000 wurden die neun Linien der Gruppe B geprüft; als Vergleichsgruppe diente hier eine Linie (Yellow99), die bereits 1999 geprüft worden war. Die zu prüfenden Nachzuchtköniginnen wurden auf einer Inselbelegstelle begattet; als Drohnenlieferanten dienten Völker der jeweils anderen beiden Gruppen.

Abb. 3.
(a) Das durchschnittliche Milbenpopulationswachstum, ausgedrückt als n-fache Zunahme der V. destructor-Milbenpopulation in sechs Primorski-Linien und Landbienen-Vergleichsvölkern.
(b) Die selben Werte, ausgedrückt als Pozentsatz des V. destructor-Milbenpopulationswachstums in Landbienen-Vergleichs-Völkern Versuche, die 1999 durchgeführt wurden. B = blue, W = white, P = purple, G = green, Y = yellow, R = red.



1999 wurden 21 Königinnen je Linie geprüft, 2000 waren es je 36. Die Geschwistergruppen wurden gleichmäßig auf die Staaten Iowa, Louisiana und Mississippi, dort auf jeweils drei Stände verteilt. Die Völker selbst wurden als 5-Waben-Ableger im zeitigen Frühjahr im Süden (Louisiana und Mississippi) erstellt. In jedem Staat wurde für alle Prüfvölker die gleiche Betriebsweise angewandt.

Abb. 4.
(a) Das durchschnittliche Milbenpopulationswachstum (MPW), ausgedrückt als n-fache Zunahme der V.destructor-Milbenpopulation in zehn Primorski-Linien und das erwartete MPW für Landbienen-Völker.
(b) Die selben Werte, ausgedrückt als Prozentsatz des V. destructor-Milbenpopulationswachstums in Landbienen-Vergleichs-Völkern. Versuche, die 2000 in Louisiana durchgeführt wurden. B = blue, W = white, P = purple, G = green, Y = yellow, R = red, S = silver, T = tan, O = orange


Honigerträge

Viele US-Imker befürchteten, daß es bei Umstellung auf die Primorski-Herkunft zu Ertragseinbußen kommen würde. Auch dort ist man fremden Herkünften gegenüber mißtrauisch; man kann sich nicht vorstellen, daß es etwas besseres als die etablierte Biene geben kann. Aus diesem Grund war eine Ermittlung der Honigertragsfähigkeit der Primorskibiene notwendig; eine Selektion in dieser Richtung sinnvoll.

Abb. 5. Honigerträge von 1999 bei den Tests von ARS-Primorskibienen in Louisiana (A), Mississippi (B) und Iowa (C), B = blue, W = white, P = purple, G = green, Y = yellow, R = red, Dom = Landbienen als Kontrolle.


Die Honigerträge wurden nach dem Ende der Sommertracht ermittelt durch Wiegen der Honigräume am Stand. Nachdem die Bienen weitgehend daraus entfernt wurden, wurden sie auf eine elektronische Waage gestellt. Vom so ermittelten Bruttogewicht wurde das Gewicht von durchschnittlichen ausgeschleuderten Honigräumen abgezogen. Da die Erträge verschiedener Stände nicht direkt miteinander vergleichbar sind, wurden die Ergebnisse einer Varianzanalyse unterzogen. Zur Selektion der Zuchtköniginnen wurden die Ergebnisse Z-score-transformiert. In dieser Kurzfassung werden nur die Ergebnisse von 1999 als Grafiken dargestellt.

Abb. 6. Relative Honigerträge bestimmter ARS-Primorski-Völker, deren Königin 1999 selektiert wurde, Töchter für die Stammvermehrung oder die Freigabe zu produzieren sowie der durchschnittliche Honigertrag von Landbienen-Vergleichsvölkern. Statt dem absoluten Ertrag wurde der Z-score oder relative Rang im Vergleich zum Gruppendurchschnitt für Primorski- und Landbienen-Völker in den einzelnen Ständen herangezogen. Dies erlaubt einen Vergleich von Völkern oder Völkergruppen in verschiedenen Staaten bzw. Bienenständen. l = selektiertes Zuchtvolk, basierend sowohl auf Honigertrag als auch auf Resistenz gegen V. destructor, n = Durchschnitt der Landbienen-Vergleichsvölker. Linien ohne angezeigte Zuchtvölker sind aus dem Programm entfernt worden.


Im großen und ganzen lagen die Honigerträge der Primorski-Völker in dem Bereich, in dem sich auch die der Landbienen-Völker befinden. Die Erträge der selektierten Zuchtvölker liegen z. T. weit über dem Durchschnitt der Landbienen-Völker.

2000 waren die Ergebnisse der geprüften Primorski-Linien ähnlich. Hier waren keine Landbienen-Völker zum Vergleich an den Prüfständen. Ergebnisse von benachbarten Ständen deuteten jedoch eine ähnliche Relation wie 1999 an.

Verhalten gegenüber Acarapis woodii

In Nordamerika wurde die Tracheenmilbe 1984, drei Jahre vor der Varroa, eingeschleppt. Seitdem verursacht diese Milbe hohe Völkerverluste, insbesondere natürlich, seit dem die Völker von beiden Milben heimgesucht werden. Eine Untersuchung des neuen ARS-Primorski-Stammes auf Resistenz gegen die Tracheenmilbe erschien sinnvoll.

Alle getesteten Primorski-Linien waren deutlich weniger mit Tracheenmilben befallen als die Landbienen-Vergleichsvölker. Die jeweiligen Befallsgrade blieben unter der Schwelle, ab der signifikante Schäden auftreten.

Primorski oder Russen?

Ursprünglich wurde der aus der Primorski-Region importierte Stamm als "Russian Bees" bezeichnet. Dieser Name ist in den USA auch weiterhin unproblematisch. Seit 1923 dürfen in die USA keine lebenden Bienen importiert werden, nicht einmal in Form von Eiern bzw. Sperma. Lediglich mit besonderer Ausnahmegenehmigung und unter hohen Quarantäne-Auflagen war dies in einigen Fällen seither möglich. Mit Trittbrettfahrern, die aus Rußland ebenfalls Königinnen importieren, ist daher in den USA nicht zu rechnen. Anders ist die Situation in Europa. Da im Prinzip alle aus dem russischen Staatsgebiet stammenden Bienen als "russische Bienen" bezeichnet werden können, ist man ab Anfang 2001 dazu übergegangen, den Stamm aus dem Zucht- und Vermehrungsprojekt der Arbeitsgruppe Rinderer als "ARS-Primorski" zu bezeichnen.

Die korrekte Transkription des im Original kyrillisch geschriebenen Namens wäre "Primorskij". In der englischsprachigen Literatur (Publikationen von Rinderer et al.) hat sich die Schreibweise "Primorsky" etabliert, in der deutschen die Schreibweise "Primorski" (Publikationen von J. Koller und der Arbeitsgruppe Koeniger). Um weitere Konfusion zu vermeiden, sollte man sich an diese Nomenklatur bzw. Schreibweise halten.

Das American Bee Journal

Wie kann es möglich sein, daß solch sensationelle Meldungen von den Bieneninstituten in Deutschland nicht wahrgenommen werden - zumindest bis zum Frühjahr 2000 - , obwohl sie in der weltweit größten Imkerzeitschrift seit 1995 publiziert werden?

Der Grund dafür könnte in der "Rangstufe" des ABJ liegen. In Wissenschaftler-Kreisen gibt es eine inoffizielle Rangordnung der einschlägigen Zeitschriften. Besonders wichtige, sensationelle Forschungsberichte bzw. solche, die von besonders wichtigen oder renommierten Forschern stammen, werden in den "ranghöchsten" Zeitschriften publiziert. Das ABJ nimmt dabei einen sehr niedrigen Rang unter diesen Zeitschriften ein, es ist eben nur ein "Bee Journal", eine Imkerzeitschrift. Die meisten deutschen Bieneninstitute haben es zwar abonniert, doch wird es offensichtlich kaum gelesen.

Es schließt sich die Frage an: Warum publiziert Rinderer seine sensationellen Ergebnisse überhaupt so "niedrig"? Dieses Projekt ist keine Grundlagenforschung, sondern angewandte Forschung, die Ergebnisse sind an sich keine wissenschaftliche Sensation, sondern eine imkerliche. Die Weiterführung des Projektes wird durch die Einnahmen aus dem Verkauf der Zuchtköniginnen finanziert. Damit ist es wichtig, daß die breite Imkerschaft über die Fortschritte und Ergebnisse des Projekts informiert wird. Da die renommierten wissenschaftlichen Zeitschriften von Imkern kaum gelesen werden, ist die große Imkerzeitschrift ABJ in diesem Fall ideal.

Ein Jahresabo des ABJ nach Deutschland kostet derzeit $34,95 (surface mail), ein 2-Jahresabo $67,95.
Dies muß im Voraus bezahlt werden, üblicherweise mit einem Auslands-Verrechnungsscheck an: American Bee Journal, 51 S. 2nd St, Hamilton - IL 62341, USA

Näheres unter: www.dadant.com

Nahezu alle bisher veröffentlichten Prüfungen haben als Maß für die Varroaresistenz bzw. -toleranz die Wachstumsrate der Milbenpopulation in den Völkern über einen relativ kurzen Zeitraum verwendet. Daß dieses Kriterium tatsächlich ein einwandfreies Maß für langfristige Varroatoleranz ist, ist allerdings zu bezweifeln; lediglich Hinweise können daraus abgeleitet werden. Den eindeutigen Beweis für Varroatoleranz können nur längerfristige Überlebenstests liefern.

In einer persönlichen Mitteilung von Rinderer wird berichtet, daß eine Gruppe Primorski-Völker im September 1999 mit durchschnittlich etwa 1700 Milben pro Volk befallen war. Im November war dieser Befall auf 400 Milben pro Volk gefallen; offensichtlich wurden die Varroen nach Trachtende besonders intensiv bekämpft. Diese Milbenbekämpfung wurde im Winter weitergeführt, so daß im Frühjahr nur sehr wenige Milben vorhanden waren. Behandlungen wurden nicht durchgeführt. Mit der Messung der Milbenpopulation im Spätsommer wird dieser herbstliche und winterliche "Großputz" nicht erfaßt. Er ist aber für die Gesamt-Varroatoleranz mindestens genauso bedeutend wie eine geringe Wachstumsrate der Milbenpopulation im Frühjahr und Sommer.

In einer persönlichen Mitteilung von Rinderer wird berichtet, daß eine Gruppe Primorski-Völker im September 1999 mit durchschnittlich etwa 1700 Milben pro Volk befallen war. Im November war dieser Befall auf 400 Milben pro Volk gefallen; offensichtlich wurden die Varroen nach Trachtende besonders intensiv bekämpft. Diese aktive Milbenbekämpfung der Primorskibienen wurde im Winter weitergeführt, so daß im Frühjahr nur sehr wenige Milben vorhanden waren. Varroabehandlungen wurden nicht durchgeführt. Mit der Messung der Milbenpopulation im Spätsommer wird dieser herbstliche und winterliche "Großputz" nicht erfaßt. Er ist aber für die Gesamt-Varroatoleranz mindestens genauso bedeutend wie eine geringe Wachstumsrate der Milbenpopulation im Frühjahr und Sommer.

In einer anderen persönlichen Mitteilung beschreibt Rinderer eine Gruppe Primorski-Völker in Mississippi, die im August 1999 zum letzten Mal behandelt worden waren und jetzt, im Oktober 2001, sehr stark und gesund einwintern. Da sie nicht die geringsten Anzeichen von Varroa-Schäden zeigen, ist eine einwandfreie Überwinterung zu erwarten. Einige der in der Nähe aufgestellten Landbienen-Völker sind an der Varroa zugrunde gegangen, obwohl sie im Frühjahr 2001 behandelt wurden.

Auch wir haben auf unseren Ständen dieses intensive Putzverhalten nach Trachtende ab August bemerkt. Die Untersuchungen Rinderers und die eigenen Beobachtungen stimmen so optimistisch, daß für uns "die Zeit nach der Varroa bereits begonnen hat."

Danksagung

Wir bedanken uns bei Dr. Thomas E. Rinderer und Dr. J. Anthony Stelzer für die freundliche Überlassung der Fotos und Grafiken.

Teststand in der Nähe von Wladiwostok. Hier wurden die ersten Voruntersuchungen durchgeführt

In der Quarantänestation auf der Insel Grand Terre vor der Küste Louisianas wurden die importierten Königinnen unter hohen Sicherheitsbedingungen in Völker eingeweiselt

Einer der Primorski-Teststände in Iowa

Zur Beimpfung mit Milben wurden in die Testvölker Drahtkäfige mit stark befallenen Bienen eingebracht

Originalprimorskivolk auf dem Stand von Josef Koller. Die Bienen bleiben selbst bei längeren Störungen friedlich und konnten ohne Schutzkleidung durchgesehen werden

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